Zinseszinsrechnung: Warum sind wir nicht alle reich?

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Warum sind nicht alle reich durch den Zinseszins, wenn es doch so einfach ist?

Der Zinseszinseffekt gilt ja als der einzige Weg, wie man als „Normalo“ wirklich finanziell unabhängig werden kann – außerhalb von Erbschaft und Lottogewinn. Weil das Geld für uns arbeitet und nicht wir für unser Geld.

Und der Effekt ist wirklich krass: Sagen wir, Du legst mit 30 Jahren 100.000 Euro an, die Du während Deiner Zwanziger verdient hast. Nun lässt Du den Zinseszinseffekt für Dich arbeiten und hast dann mit 67 Jahren, pünktlich zur Rente, ein Bruttovermögen von rund 1,7 Millionen Euro.

1,6 Millionen davon sind also ohne weiter zu arbeiten – nur durch Abwarten, Zins und Zinseszins!

Zum Vergleich: Wenn Du mit dem deutschen Median-Bruttoeinkommen von knapp 52.000 Euro pro Jahr die selben 37 Jahre Vollzeit arbeiten würdest, kommst Du auf ein ähnliches Ergebnis. Du hättest insgesamt knapp 1,9 Millionen Euro verdient. Nur, dass Du eben 37 Jahre Vollzeit dafür arbeiten musstest!

Das wirkt doch fast zu gut, um wahr zu sein: Einfach abwarten und mein Geld verdient ohne mich genauso viel, wie wenn ich Vollzeit mein ganzes Leben dafür arbeite.

Und klar, die Rechnung ist eigentlich deutlich komplexer mit Steuern, Inflation und Co. Und ja, die wenigsten haben mit Ende 20 100.000 Euro auf der Seite. Aber Du siehst, worauf es hinausläuft.

Deswegen stellt sich die Frage: Wenn das so einfach ist und jeder den Zinseszinseffekt nutzen kann, warum sind dann so wenig Leute „reich“?

Die Antwort ist nicht, dass der Zinseszins nicht funktioniert und das gerade eine Fantasierechnung war. Ganz im Gegenteil. Er funktioniert – aber nur, wenn wir ihn richtig nutzen. Und genau das schaffen die wenigsten.

Bevor wir uns anschauen, warum viele Menschen trotz dieses mächtigen Effekts kein ordentliches Vermögen aufbauen, klären wir kurz, worum es überhaupt geht.

Keine Lust zu lesen? Schau Dir unser Video oder hör Dir unsere Podcastfolge zum Thema an:

Zinseszinseffekt in a nutshell

Der Zinseszinseffekt beschreibt ein einfaches, aber sehr mächtiges Prinzip:

Du bekommst nicht nur Zinsen auf Dein investiertes Geld – sondern auch Zinsen auf die Zinsen. Das führt dazu, dass Dein Vermögen nicht linear, sondern exponentiell wächst. Und dieser Unterschied ist enorm.

Schauen wir dazu mal auf ein konkretes Beispiel, denn leider tun sich unsere Hirne mit exponentiellem Wachstum wirklich schwer:

Wenn Du 15 Jahre lang monatlich 300 Euro in einen globalen Aktien-ETF anlegst, erreichst Du rund 100.000 Euro an Vermögen – unterstellt man die historischen Renditen.

Sparst Du danach einfach weiter – mit denselben 300 Euro im Monat – brauchst Du nur noch 7 Jahre, um die nächsten 100.000 zu erreichen, also 200.000 insgesamt.

Für die dritten 100.000 brauchst Du dann nur noch etwas über 4 Jahre.

Danach geht’s noch schneller: Etwas mehr als 3 Jahre für die vierten 100.000.

Und nur noch 2,5 Jahre, um auf 500.000 Euro zu kommen.

Dein Vermögensaufbau beschleunigt sich also mit der Zeit. Der Grund dafür ist, dass der Zinseszinseffekt jedes Jahr stärker wird. Aber wenn das alles so easy ist, muss ich nochmal fragen: Warum sind wir dann nicht alle reich?

Die Sache ist die: Der Zinseszins funktioniert nicht automatisch – er braucht bestimmte Voraussetzungen, damit er seine volle Kraft entfalten kann. Der größte „Zinseszins-Verhinderer“ ist

Grund Eins: Falsches Sparen

Im Rechenbeispiel von eben hab ich ja schon gezeigt, was wir für große Sprünge machen können, wenn wir in globale ETFs investieren.

Solche ETFs gelten als die beste Form der Geldanlage für normale Menschen wie Dich und mich. Das ist heutzutage kein wirkliches Geheimnis mehr, zumindest wenn man seriöse Quellen wie die Verbraucherzentralen, Stiftung Warentest und Co. befragt.

Verhältnismäßig risikoarm ist das, weil wir sehr breit anlegen. Wir investieren weltweit und branchenweit in Tausende Aktien gleichzeitig und spekulieren nicht auf die Entwicklung von einzelnen Firmen oder Branchen. Und wir investieren langfristig, damit uns kurzfristige Kursschwankungen nichts anhaben können.

Mit so einer Anlage nehmen wir einfach die Gewinne mit, die durchschnittlich mit globalen Aktien erzielt werden. Die lagen langfristig während der letzten 120 Jahre im Schnitt bei 7-8% bzw. inflationsbereinigt bei 5-6%. Das ist für jeden möglich und einfach umsetzbar. Und die wissenschaftlich fundierte Variante der Geldanlage, ohne Glücksspiel.

Wenn Du im Detail wissen willst, wie das mit den ETFs funktioniert, schau Dir am besten mal unser Webinar hierzu an.

So, das Problem ist aber: Die wenigsten Leute hierzulande investieren in ETFs! Wir Deutschen haben fast 70% unseres Vermögens in Versicherungen und auf dem Konto!

Wir schauen mal, was das Problem dabei ist:

Wenn Du zum Beispiel 20.000 Euro auf dem Girokonto hast, liegen da in 10 Jahren immer noch 20.000 Euro. Das Blöde ist aber, dass sie dann nur noch 16.000 Euro wert sind. Nach 20 Jahren 13.000 Euro und nach 30 Jahren nur noch fast die Hälfte, also 11.000 Euro.

Wenn wir annehmen, dass das Geld bei 2% auf dem Tagesgeldkonto liegt, dann gleichen sich Inflation und Zinsen grob aus, so dass Dein Geld zwar gleich viel wert bleibt. Aber der Zinseszins kann auch für keine Wertsteigerung sorgen! Er hat dann einfach keine Chance, wenn die Zinsen genau so hoch sind wie die Inflation.

Das Gleiche gilt für die staatlich geförderte private Altersvorsorge. Das ist ein absolutes Trauerspiel, weil die meisten Verträge noch nicht einmal einen Inflationsausgleich schaffen. Das ist dann quasi noch schlechter als Tagesgeld.

Zwar ist die Zahl der Menschen, die in Aktien investieren, in den letzten Jahren gestiegen – aber sie liegt trotzdem erst bei ​rund 17 % der über 14-Jährigen​. Heißt: Der Großteil spart nach wie vor am Aktienmarkt vorbei.

So wird das nichts mit dem Vermögensaufbau.

Aber selbst, wenn wir in ETFs investieren, müssen wir für den Zinseszins eine andere wichtige Voraussetzung erfüllen, die super wichtig ist: Zeit haben. Damit kommen wir zum nächsten „Reichtumsverhinderer“:

Grund Zwei: Zu spät anfangen

Charlie Munger – der langjährige Partner von Warren Buffett – hat es einmal sehr treffend formuliert. Er hat sinngemäß gesagt:

„Spare Deine ersten 100.000 Dollar. Dann kannst Du Dich entspannen. Aber bis dahin solltest Du alles tun, um sie zu bekommen – wenn nötig auch von Essensmarken leben.“

Das klingt natürlich super drastisch, woher kommt denn dieser Druck?

Weil der Zinseszins vor allem Zeit braucht, um in Schwung zu kommen. Und je früher wir anfangen, desto weniger Geld müssen wir insgesamt investieren, um unser Ziel zu erreichen.

Die Rechenbeispiele vom Anfang haben ja schon gezeigt, dass sich unser Vermögen immer schneller verdoppelt, je länger wir anlegen. Aber nicht nur das – wir müssen auch insgesamt viel weniger investieren, wenn wir früh starten!

Schauen wir auch dafür mal auf ein Beispiel:

Wer 32 Jahre lang monatlich 300 Euro in globale ETFs investiert, kommt auf rund 500.000 Euro an Vermögen.

Wer nur 22 Jahre Zeit hat, muss um auf 500.000 Euro zu kommen über 700 Euro monatlich investieren – also mehr als das Doppelte!

Der spätere Starter muss darum insgesamt auch viel mehr investieren – über 70.000 Euro mehr aus dem eigenen Einkommen. Nur, weil der Zinseszins weniger Zeit hat, um zu wirken.

Zeit ist beim Vermögensaufbau nicht nur ein Vorteil – sie ist ein echter Multiplikator. Wer zu lange wartet, bringt sich selbst um diesen Vorteil. Und direkt damit einher geht der nächste Grund, warum Leute trotz Zinseszins nicht reich werden:

Grund Drei: Falsche Erwartungen

Weil der Zinseszins Zeit braucht, um seine Wirkung zu entfalten, funktioniert er ganz anders, als fast alles, was wir aus dem Alltag kennen: Beim Sport, im neuen Job oder beim Gitarre lernen machen wir am Anfang die größten Fortschritte – und später wird’s immer langsamer und zäher.

Beim Investieren ist es genau umgekehrt: In den ersten Jahren passiert gefühlt kaum etwas. Aber je länger wir investiert bleiben, desto stärker beschleunigt sich das Wachstum.

Und das ist einfach schwer auszuhalten! Wir Menschen sind super schlecht darin, uns bei sowas zu gedulden. Wir wollen schnelle Ergebnisse, damit wir das Gefühl haben, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Und das kann einen leicht dazu bringen, den Mut zu verlieren, wenn am Anfang kaum etwas passiert. Daher investieren auch die wenigsten konsequent.

Wir bekommen auch oft Nachrichten, in denen Leute sowas schreiben wie „Ich investiere jetzt schon seit ein paar Monaten, hab aber erst 2% Rendite gemacht. Wie kann das sein?“

Mit einer derartigen Erwartungshaltung sind wir prädestiniert dafür, auf falsche Reichtumsversprechen hereinzufallen und suchen nach Investments, die mehr und schnellere Gewinne bringen.

Und das ist fatal. Denn Rendite kommt von Risiko. Und wenn wir da nicht vernünftig bleiben, sondern dem Aktionismus verfallen, ist das wie ins Kasino zu gehen. Dann wird beispielsweise versucht, mit „vielversprechenden“ Nischen-Investments das schnelle Geld zu machen. Oder mit hoch risikoreichem Optionshandel.

Das Geheimnis für Reichtum ist nicht der nächste geheime Investmenttrick. Sondern das lange Durchhalten. Wir müssen einmal unser Weltportfolio aufsetzen, es regelmäßig füttern und die Füße still halten. Mit so einem Verhalten gehört man zu den Top-Prozent der Investoren!

Ein ganz praktischer Tipp lautet, besonders in den ersten Jahren null auf die Performance im Portfolio zu achten. Investiere einfach stoisch in Deinen ETF bzw. Deine ETFs und schau so selten es geht ins Depot.

Der zweite Tipp lautet, möglichst wenig Nachrichten zu konsumieren – erst recht keine Finanznachrichten! Denn durch die bekommt man immer das Gefühl, dass morgen die Welt untergeht und Deine Investments zunichte gemacht werden.

Erinnere Dich lieber daran, dass wir in den letzten 120 Jahren Börsengeschichte viel schlimmere Situationen hatten und es trotzdem mit den Aktien bergauf gegangen ist.

Und dann konzentriere Dich darauf, was Du beeinflussen kannst. Zum Beispiel Deine Spargewohnheiten. Denn ohne die kann auch der Zinseszins nicht helfen. Damit kommen wir zum nächsten „Reichtumsverhinderer“:

Grund Vier: Fehlende Spargewohnheiten

Vermögensaufbau ist ein Marathon, das sollte jetzt ja klar sein. Und um diesen durchzuhalten braucht es erstmal Disziplin.

Wenn Du aber über viele Jahre jeden Monat konsequent investierst – z. B. diese 300 Euro in ETFs – dann passiert etwas Entscheidendes: Du etablierst eine Spargewohnheit.

Du lernst, auf einen gewissen Teil Deines Einkommens zu verzichten, Du wirst routiniert im Investieren und bleibst auch bei kurzfristigen Kursschwankungen gelassen.

Diese Gewohnheit wird mit der Zeit immer einfacher – genau wie auch der Vermögensaufbau durch den Zinseszins einfacher wird.

Wer diese Gewohnheit aber nicht entwickelt, hört vielleicht wieder auf zu investieren oder verkauft sogar in einer Krise – und schon wird ein großer Teil des Zinseszins zunichte gemacht.

Du kannst Dir hier mit zwei Dingen das Leben viel, viel leichter machen:

Erstens Automatisierung und zweitens Wissen. Fangen wir mit dem ersten an:

Wir Menschen haben ja nur sehr begrenzt Disziplin und Willenskraft zur Verfügung. Ist die an einem Tag schon „aufgebraucht“, schaffen wir es nur schwer, uns noch zu etwas durchzuringen. Das kennst Du vielleicht, wenn Du nach einem schwierigen Arbeitstag, der Dir bereits viel Disziplin abverlangt hat, eigentlich zum Sport wolltest, Dich aber einfach nicht mehr aufraffen konntest.

Auch aus diesem Grunde ist es nunmal elementar, dass wir verhindern, aktive Entscheidungen für etwas treffen zu müssen, das wir eigentlich unbedingt wollen! Also, Du entscheidest Dich ja vermutlich auch nicht immer wieder in einer umfangreichen inneren Debatte, ob Du heute Deinen Zähne putzt oder nicht. Das läuft einfach automatisiert ab, weil Du vermutlich möglichst lange möglichst gesunde Zähne oder zumindest keine Zahnschmerzen haben willst.

Automatisierung bringt Dir außerdem große Zeitersparnisse, weil Du keine unnötigen Aufgaben wiederholst. Und sie schützt Dich davor, aufzugeben, wenn es mal schwierig wird. Und ganz generell, Fehler zu vermeiden, da Du Dich selbst als Fehlerquelle ausschließt sozusagen.

In Deinem Depot geht Automatisierung ganz einfach mit einem sogenannten ETF-Sparplan. Ein Sparplan ist quasi wie ein Dauerauftrag, der aber nicht auf ein normales Konto führt, sondern mit dem Du in ETFs investierst.

Dabei ist es ziemlich hilfreich, den Sparplan direkt nach Gehaltseingang ausführen zu lassen. Du bezahlst Dich quasi selbst zuerst, noch bevor Du Dein Geld anderen Leuten für irgendwelche Dinge geben kannst.

Außerdem kannst Du Dir auch ein paar Tricks zunutze machen: Sobald Du eine Gehaltserhöhung bekommst, erhöhst Du Deinen Sparplan um den Betrag, der Dir nun monatlich mehr zur Verfügung steht. Das ist die beste Spargewohnheit überhaupt.

Ein Sparplan am Anfang des Monats sorgt also dafür, dass Du auf jeden Fall genug zur Seite legst und läuft komplett auf Autopilot ab.

Natürlich kann man auch mit einzelnen Käufen in ETFs investieren – das macht zum Beispiel bei stark schwankenden Einnahmen Sinn. Aber hier sollte die „Automatisierung“ zumindest aus einem Kalendereintrag bestehen, an dem Du stur jeden Monat oder jedes Quartal investierst.

Das zweite, was Dir massiv hilft, Deine Spargewohnheit zu pflegen, ist Wissen. Und keine Sorge, Du musst nicht BWL studieren und die Märkte beobachten oder so ein Quatsch. Vielmehr geht es darum, einmal grundsätzlich die Basics zu verstehen. Also wie Vermögensaufbau funktioniert und warum beispielsweise Krisen gar kein Problem für uns langfristige Anleger sind.

Mit diesem Grundlagenwissen wirst Du es viel einfacher haben, Deine Spargewohnheit auch durchzuziehen, weil Du nicht jedes Mal an Deiner Strategie zweifelst, wenn es an der Börse mal wackelt.

Man kann das auch so zusammenfassen: Die Automatisierung ist der Motor für Deine Spargewohnheit, das Wissen der Kompass.

Wenn Du nun super effizient in globale ETFs investieren willst, schau Dir am besten unser kostenloses Webinar an. Darin zeigen wir Dir, wie vernünftiger Vermögensaufbau geht.

Fazit

Also, der Zinseszins ist kein Mythos. Er ist real – und er funktioniert. Aber er belohnt halt nur die, die früh starten, vernünftig investieren und sich nicht ablenken lassen.

Und damit nochmal zur Ausgangsfrage: Warum sind wir nicht alle reich? Weil Reichtum durch Zinseszins Geduld, Disziplin und Klarheit erfordert.

Drei Dinge, die im Alltag oft zu kurz kommen und auch einfach mühsam sind, während wir sie erstmal etablieren. Wer aber diese schwierige Anfangszeit hinter sich bringt, der profitiert nach hinten raus exponentiell von seinen guten Gewohnheiten.

Unsere ersten 100.000 Euro sind einer der wichtigsten Meilensteine, wenn wir finanziell unabhängig werden wollen, das hatten wir ja vorhin schon. Denn sind die erstmal da, wird vieles einfacher. Warum das so ist und wie Du Deine ersten 100.000 Euro schnellstmöglich im Depot hast, darum geht es in diesem Blogpost.

Verfasst von Dr. Anna Terschüren
Veröffentlichung: 04. November 2025
LETZTE AKTUALISIERUNG: 04. November 2025
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