Auf wessen Rat sollte man hören?

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Kluge Ratschläge verteilen wir alle gerne. Und bekommen im Gegenzug oft ungefragt welche zurück. Doch wem kann man trauen? Woher weiß man, ob derjenige ein guter Ratgeber ist?

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Noch eine andere Frage: Wieso sollte man da überhaupt bewusst drüber nachdenken und nicht einfach auf sein Gefühl vertrauen? Weil unser Hirn mal wieder nicht zuverlässig arbeitet. Oftmals glauben wir nämlich denjenigen, die am überzeugendsten auftreten. Die am lautesten oder eloquentesten sind.

Problem: Das sind alles keine Merkmale für Expertise. 

Das bedeutet auch nicht das Umgekehrte (“Alle lauten Menschen sind doof.”), sondern ist ein unabhängiges Merkmal. So wie braune Haare oder drei Geschwister zu haben – diese Eigenschaften sagen auch nix über die Expertise im Bereich Gitarrenbau aus.

Obwohl wir für das Thema recht sensibilisiert sind, tappen wir auch andauernd in die Falle, überzeugt auftretenden Menschen zunächst eher Gehör zu schenken und lassen uns vielleicht sogar beeindrucken – im Mindesten aber aus der Ruhe bringen.

Wir haben zwei Fragen im Angebot, die Du (Dir oder Deinem Gegenüber) stellen kannst, bevor Du den Rat von jemandem annimmst. Uns hilft das immer wieder.

1. Hat die Person ihre Expertise bereits (wiederholt) bewiesen?

Ray Dalio schlägt vor, dass man jemandem nur glauben sollte, wenn derjenige mindestens dreimal bewiesen hat, wovon er spricht. Es macht zum Beispiel mehr Sinn, einem erfolgreichen Entrepreneur zuzuhören, der SELBST drei Firmen aufgebaut hat, als einem “Start-Up-Berater”, der noch nie ein Start-Up gestartet hat.

Genauso wenig wird Dir eine Unternehmerin, die vor zehn Jahren ihre Firma aufgebaut und jetzt hunderte von Angestellten hat, vernünftige Ratschläge geben können, wie man heutzutage ein Unternehmen gründet. Es ist schlicht und einfach viel zu lange her; sie hat es vielleicht nur einmal geschafft und meist ist viel Glück im Spiel.

Sie kann Dir wahrscheinlich bessere Ratschläge zum Thema Mitarbeiterführung geben, denn da steckt sie gegenwärtig total drin.

Dein Kumpel, der in einer großen Firma im Marketing arbeitet, hat noch lange keine Expertise dafür, wie Du als Freelancer besser auf Dich aufmerksam machen kannst. Er wird sicherlich mit ganz anderen Budgets arbeiten als Du und nicht unbedingt Ahnung haben, wie Du mit kleinen Geldsummen am effektivsten für Deine Dienstleistung wirbst.

Freunde geben einem generell gern Ratschläge, zum Beispiel zum Thema Training. Da kann man das Ganze noch leichter entlarven: Hat Dein kluger Freund auch die Muskeln, die Du gerne hättest? Oder ist er mehr aus der Pudding-Fraktion, weiß aber angeblich genau, wie es theoretisch geht? Da sollte man skeptisch werden. Oder wenigstens herausfinden, warum derjenige sein Wissen nicht selbst anwendet.

Oft vertrauen wir auch Menschen, die durch irgendetwas prominent geworden sind, aber von dem diskutierten Thema eigentlich gar keine Ahnung haben. Augen auf beim Promi-Bonus!

2. Hat die Person einen Interessenkonflikt?

Wenn Du zu einer Versicherungsmaklerin gehst, um Dich zu unserem Lieblingsthema Altersvorsorge beraten zu lassen, solltest Du im Hinterkopf zwei Aspekte haben: Zum einen wird sie nur ein begrenztes Portfolio zur Verfügung haben und nicht den ganzen Blumenstrauß aller vorhandenen Altersvorsorge-Produkte.

Zum anderen verdient sie Geld damit, dass sie Dir etwas verkauft. Das Produkt, das ihr den maximalen Umsatz bringt, muss aber noch lange nicht das sein, was Dir am meisten bringt.

Das ist ein im System des provisionsbasierten Vertriebs angelegtes Problem; da kann auch Deine Maklerin persönlich nichts für. Ok, sie hätte einen anderen Beruf ergreifen können 🙂

Das ist übrigens auch einer der Gründe, warum wir dafür sind, die Altersvorsorge lieber in die eigene Hand zu nehmen…

Genauso wirst Du von jemandem, der von einer Sache tief überzeugt ist, keinen Rat außerhalb seines Spektrums bekommen. Zum Beispiel kann jemand als Abnehm-Coach unterwegs sein und allen perfekt erklären können, wie man Gewicht verliert. Er wird aber nicht das Unterfangen an sich hinterfragen (“Sind Diäten dauerhaft hilfreich für Menschen?”), weil es für ihn quasi existenzbedrohend wäre.

Das nennt sich Confirmation-Bias. Und ist eine ganz schwierige Geschichte. Hier muss man auf der anderen Seite auch aufpassen, dass man sich nicht im Kreis dreht und in Handlungsunfähigkeit verharrt, weil kaum etwas beweisbar ist oder man nicht alle Konsequenzen bis zum letzten Ende überschauen kann.

In diese Falle sind wir beide gerade hinein getappt: Da man sich nie sicher sein kann, was tatsächlich das “Beste” oder “Sinnvollste” ist, muss man aufpassen, nicht in eine Schockstarre zu fallen.

Wenn man sich da nicht selbst wieder herauswinden kann, hilft unbedingt der Rat von einem guten Coach – der natürlich seine Glaubwürdigkeit bewiesen haben und nicht in einem Interessenkonflikt stecken sollte 😉

Hast Du noch Tipps, wie wir alle besser herausfinden können, wem man glauben kann oder konntest Du einen unserer genannten Tipps bereits für Dich umsetzen? Dann hinterlasse uns unbedingt einen Kommentar!

Verfasst von Dr. Anna Terschüren & Martin Eckardt
Veröffentlichung: 10. Juni, 2020
LETZTE AKTUALISIERUNG: 11. Dezember, 2023
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