Wie viel Geld braucht man zum Leben wirklich, um glücklich zu sein? So findest Du es heraus.

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Foto einer Mall

In einem Interview wurde Derek Sivers – ein sehr erfolgreicher, unkonventioneller Entrepreneur – folgendes gefragt: “Wenn Du eine Werbetafel haben könntest, wo auch immer Du willst, was würde draufstehen?”

Sivers antwortete darauf, er würde gerne den Satz “IT WON’T MAKE YOU HAPPY!” dick und fett auf einem Billboard vor jeder Shopping Mall platzieren. In der Mall würden dann noch den Leuten Papageien um die Ohren fliegen, die die ganze Zeit “It won´t make you happy!” krächzen.

Was macht unsereins in der reichen, westlichen Welt denn glücklich und was brauchen wir dazu? Die Frage nach einem dicken Auto und Co. stellen wir hier gar nicht erst, denn vermutlich weißt Du selbst, dass ein Porsche Cayenne nicht der Schlüssel zum erfüllten Leben ist.

Aber wenn man ehrlich ist, gehören dann nicht gewisse Tech-Gadgets oder ein toller Küchentisch zum Wohlfühlen und somit auch zum Glück? Oder sollten wir es doch eher halten wie die Zyniker im alten Rom und völlig ohne Besitzstände zurechtkommen?

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Was schlaue Menschen zum Thema sagen

Das Thema Geld und Glück ist alt und wurde schon vor langer Zeit auseinandergenommen – von einer Gruppe namens Stoiker. Die stoische Philosophie gibt es bereits seit über 2.000 Jahren und sie hat sich intensiv mit der Frage befasst: Was macht ein gutes Leben aus? Unweigerlich kam sie dabei auch auf das Thema Geld.

Während die oben genannten Zyniker sehr drastisch waren und jegliches Besitztum ablehnten (Obdachlosigkeit und Hunger wurden freiwillig in Kauf genommen), waren die Stoiker deutlich moderater. Ihnen ging es nämlich nicht darum, ein angeblich “richtiges” Leben zu führen, sondern ein gutes, glückliches und erfülltes.

Solange macht mehr Geld glücklicher

Neben vielen anderen Lebensweisheiten, die heute genauso wie damals gültig sind, vertraten die Stoiker eine Ansicht, die vielen vielleicht bekannt sein mag, aber mit Sicherheit nicht von vielen verinnerlicht ist:

Geld macht solange glücklich, wie es dazu dient, einen gewissen Grundstandard zu sichern. Kannst Du Deine Lebensmittel oder Deine Miete nicht bezahlen, wird es mit dem schönen Leben erstmal schwierig, klar.

Darüber hinaus sollte man Geld jedoch sehr bedacht und wohlüberlegt einsetzen. Denn bringe ich meinen Lebensstandard auf ein höheres Niveau und gewöhne mich daran (was automatisch passiert), so wird auch weiterhin das Streben nach Glück ein Streben bleiben.

Gewohnheitseffekte

Stell Dir vor, Du kannst Dir von Deinem aktuellen Einkommen leisten, einmal im Monat richtig fein essen zu gehen. Und feines Essen ist einfach Dein Ding. Dann freust Du Dich sehr auf diesen Abend und genießt ihn – das gute Glas Wein, den köstlichen Hauptgang, den feinen Nachtisch und so weiter.

Jetzt stell Dir vor, Du verdienst wesentlich mehr Kohle und kannst jeden zweiten Abend ein solches Essen haben. Dann wird es zur Gewohnheit und – viel schlimmer – Unzufriedenheit setzt ein. Wenn ein Gericht dann einmal nicht Deinem gewohnten Standard entspricht, wird Dir etwas fehlen. Dem Wein fehlt das feine Zitrusaroma und die Zubereitung des Gemüses befriedigt nicht Deinen Gourmet-Gaumen.

Die Anhebung des Standards auf zweitägig von zweimonatig macht das Erlebnis “Fein Essen gehen” nicht nur zur Routine; es sorgt auch automatisch dafür, dass von jetzt an das zuvor tolle Essen den Normalzustand definiert und Du danach suchst, wie Du noch besseres Essen finden kannst, das Dich wieder begeistert. Nach dem Motto: “Austern reichen nicht mehr, es muss der Kaviar sein”.

Diese Entwicklung ist unumgänglich. Wir wiederholen: An dieser Entwicklung führt kein Schritt vorbei! Da kannst Du Dir vorher zehnmal sagen, dass Du jedes Essen genauso genießen wirst, wie damals, als es noch selten war und doch wird sich Deine Erwartungshaltung nach oben verlagern und der Wunsch nach mehr entsteht. So ist der Mensch gepolt.

Zufriedenheit ist wählbar

Was sagen jetzt die Stoiker dazu? Gar nicht erst essen gehen? Nein! Ihnen geht es darum, dass besondere Dinge besonders bleiben, um den Gewohnheitseffekt zu vermeiden. Gönne Dir was, aber gönne es Dir nicht regelmäßig. Hilfreich ist auch, temporär auf Unwichtiges zu verzichten – zum Beispiel auf Alkohol, Netflix oder was auch immer Dir besonders gefällt.

Aus einem temporären, frei gewählten Verzicht oder dem absichtlich seltenen Gönnen von besonderen Dingen ergeben sich zwei großartige Erkenntnisse, die zu viel mehr Zufriedenheit führen. Bleiben wir beim Beispiel Wein:

Anna hat den Rebensaft geliebt. Zu einem guten Abendessen außer Haus gehörte für sie ein Glas Wein einfach dazu. Dann hat sie begonnen, regelmäßig für einen Monat auf Alkohol zu verzichten.

Was passierte am Anfang? Beim ersten Abendessen im Restaurant schaute Anna gierig zu den Tischnachbarn und hatte furchtbare Lust auf ein Gläschen kühlen, köstlichen Weißwein. Beim nächsten Abendessen außer Haus war es weniger aufregend – der Wein hatte schon an Reiz verloren. Am Ende der vier Wochen war es ihr ziemlich egal, dass sie keinen Wein zum schönen Dinner trinken konnte.

Wie war dann das erste Glas nach der doch überschaubaren Abstinenz? Köstlich! Toll! Aber halt trotzdem “nur” ein Glas Wein.

Was hatte Anna daraus gelernt? Erstens erlebte sie mit allen Sinnen, wie gut Wein schmeckt und wie dankbar sie sein kann, dass sie ab und zu Wein trinken kann. Und zweitens lernte sie, dass ein Abendessen ohne Wein auch großartig sein kann! Am Ende war es völlig egal, ob Wein beim Essen dabei war oder nicht. Der Verzicht nahm ihr sozusagen auch die “Sorge” vor der vermeintlichen Entbehrung. Und was man nicht hat, kann man auch nicht verlieren.

Update: Anna trinkt übrigens seit Anfang 2019 gar keinen Alkohol mehr. Wir lassen aber das Beispiel hier stehen, weil es sich so gut eignet 🙂

temporärer Verzicht

Du kannst Dir bestimmt vorstellen: Dieses Prinzip lässt sich auf mannigfaltige Lebensbereiche anwenden.

Stelle die ultimative Frage

Unabhängig von Gewohnheiten ist es sehr interessant zu hinterfragen, was einen zu gewissen Kaufentscheidungen antreibt. Wir wollen jetzt nicht auf die Werbung hinaus – dass hier Bedürfnisse geschaffen werden, die Du vorher gar nicht erst hattest, dürfte Dir klar sein.

Vielmehr geht es um die Frage:

Macht es mich dauerhaft glücklicher, wenn ich dies hier jetzt kaufe?

Diese Frage kann man auch ganz greifbar formulieren:

Löse ich ein Problem, wenn ich das hier jetzt kaufe?

Wenn Du beispielsweise kein einziges Paar wasserfeste Schuhe besitzt, aber in Hamburg wohnst und Dich nicht nur regelmäßig darüber ärgerst, dass Deine Füße klamm werden, sondern Deine letzte Erkältung auf nasskalte Quadratlatschen im Winter zurückzuführen ist, löst Du mit einem Kauf ordentlicher Schuhe zweifelsohne ein Problem.

Dein Ego steht Dir im Weg

Anders sieht es hier aus: Du hast eine tolle Sonnenbrille, die ihren Dienst zuverlässig vollbringt (Deine Augen vor der Sonne schützt), aber alle anderen haben Ray-Ban-Brillen. Nun meinst Du vielleicht auch, dass Du eine solche Brille wirklich brauchst, aber löst sie ein Problem und macht Dich dauerhaft glücklicher?

Oder steckt dahinter nicht ehrlicherweise – wie so oft – die folgende Frage:

Was denken die anderen von mir, wenn ich dies hier (nicht) habe?

Ja ja, wir halten uns alle für so selbstbewusst und autonom und behaupten mit stolzer Brust, dass es uns völlig egal ist, was die anderen von uns denken. Dabei sind wir so weit davon entfernt.

Auch hier kann man eine lustige stoische Übung machen: Geh zur nächsten Party, auf die Du Dich schon ewig freust und wo auch der schöne Karsten und die bewundernswerte Melanie kommen und mach was von den folgenden Vorschlägen (je nachdem, welchen Härtegrad Du Dir zutraust):

  • Zieh Dir die hässlichste Hose an, die Du hast. Wirklich hässlich, nicht cool-hipster-shabby-bla.
  • Schminke Dich nicht (Du magst schmunzeln, aber für einige Menschen ist das eine riesige Herausforderung).

Schnell merkst Du, wie wichtig es Dir doch ist, was die anderen von Dir halten. Und viele Konsumentscheidungen werden hierauf basierend getroffen.

Ganz ehrlich, brauchst Du wirklich das neue T-Shirt? Hast Du nicht genug? Oder meinst Du, dass es Dich glücklicher macht, wenn Du darin attraktiv aussiehst? Möchtest Du nicht, dass Deine Kollegen denken, Du hättest nur zwei Hosen? Solange Du die regelmäßig wäscht, sollte es Dir und denen doch eigentlich egal sein. Und so weiter.

Weniger schwierig ist das bei Kaufentscheidungen Möbel, Technik etc. betreffend. Möchtest Du wirklich das neue iPhone haben, weil DU es brauchst, um glücklicher zu sein? Würde da nicht die Vorgängerversion reichen? Ist es nicht ganz ehrlich so, dass Du das ganz neue iPhone haben willst, weil dann Deine Mitmenschen irgendwie zu Dir aufschauen?

Stell Dir diese Fragen und beantworte sie wirklich von ganz tief innen heraus. Wenn es Dir so geht, wie uns, wirst Du oftmals sagen müssen: “Ich würde mir das kaufen, damit andere mich toll finden.” In irgendeiner Art und Weise – das kann auch ganz subtil sein.

Ja, aber! Natürlich macht es mich glücklich, wenn mich andere Leute toll finden!

Mit Sicherheit. Aber wir bezweifeln, dass Dich andere Leute wirklich schätzen und lange mit Dir befreundet sein wollen, weil Du das neue iPhone hast.

Die Leute, von denen Du auch möchtest, dass sie Dich mögen, schauen hoffentlich auf Deine Art, Deine Ausstrahlung, Deinen Humor, Deine Hilfsbereitschaft, Deine Ehrlichkeit und Deinen Tiefgang. Nicht auf Dein neues T-Shirt.

Zuviele Leute geben Geld aus, dass sie nicht haben.

Nachhaltige Zufriedenheit kommt von innen heraus und wird durch das Verfolgen rein intrinsischer Motivationen und Wünsche erlebt. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Dazu gehört nicht, dass Du andere mit Äußerlichkeiten beeindruckst, sondern dass Du offen bist und zugänglich und bestenfalls möglichst urteilsfrei – und zwar zu Deinem eigenen Wohl. Ganz von selbst ziehst Du mit einer positiven und toleranten Grundeinstellung tolle Menschen an – wie ein Magnet.

Zurück zum Thema: Welche Käufe Dich wirklich glücklich machen – ob es neue Kleidung ist, tolle Aktivitäten in Deiner Freizeit oder gute Lebensmittel – ist natürlich höchst individuell. Aber stelle sicher, dass Du Dir nur etwas kaufst, weil es Dich dauerhaft glücklicher macht, unabhängig von der Meinung anderer, und dass es nicht einfach nur Deine künftigen Wünsche auf ein neues Niveau heben wird.

Dieser Beitrag ist alles andere als ein Aufruf zum kargen Leben. Ganz im Gegenteil. Schaue doch mal, was Dich wirklich zufrieden macht, wann Du Dich wirklich wohl fühlst und was es dafür braucht. Meistens ist das deutlich weniger mit Geld verknüpft, als man zunächst denken mag.

Wie Du weniger ausgeben kannst

Wir empfehlen Dir, genau hinzuschauen und ein Jahr lang mal zu tracken, wie sich Deine Ausgaben entwickeln. Das musst Du nicht händisch machen – Du kannst auch einfach schauen, wie viel Du monatlich ausgibst, indem Du die Ausgaben auf Deinem Bankkonto zusammenzählst.

“Modernere” Banken (es gibt sie) haben hierfür auch Analysetools, die Dir auf Knopfdruck Deine Lebenshaltungskosten kategorisiert anzeigen oder lade Dir eine passende App dazu runter.

Und dann stelle Dir die folgenden Fragen:

  • War ich dieses Jahr zufrieden?
  • Wenn nein, warum nicht?
  • Hätten mich mehr Käufe zufriedener gemacht?

Nun solltest Du Dir ganz alleine die Frage beantworten können, wieviel Geld Du brauchst, um ein gutes Leben zu führen. Und auf Basis Deines neuen Bewusstseins für Deine Ausgaben wirst Du auch bewusster Kaufentscheidungen treffen.

Wir haben übrigens auch ein paar Tipps für Dich, wie Du ohne zu verzichten sparen kannst.

Und was mach ich jetzt mit dem ganzen übrig gebliebenen Geld?

Eins ist klar: Geld allein macht nicht glücklich, aber Geld kann Dir die Kontrolle über Deine Lebenszeit geben. Wenn Du genug Geld hast, ohne viel arbeiten zu müssen, bist Du recht frei in Deinem Tun und Lassen.

Und die Freiheit, das zu tun, was Du willst und wann Du willst, ist ein unheimlich hohes Gut. Geld ist somit ein Hilfsmittel, um an das kostbarste Gut heranzukommen: Die Zeit (Lebenszeit, nicht die Zeitung).

Du kannst also von nun an das Geld, das Du bislang in Dinge gesteckt hast, die Dich nicht glücklich gemacht haben, nutzen:

Zunächst solltest Du einen Notgroschen für unvorhergesehene Fälle auf der Seite haben. Denn wie soll man sich frei fühlen, wenn man keine Reserve für schwierige Zeiten hat?

Als nächstes kannst Du den Teil Deines Einkommens, der nun monatlich übrig bleibt, vernünftig und langfristig investieren (um z.B. 20 Jahre vor Deinen Kollegen in Rente zu gehen oder Dich frei gewählten Projekten zu widmen).

Zusammengefasst: Drei Schritte auf dem Weg zu einem zufriedeneren Leben

  • Verzichte einen Monat lang
    Steig einfach ein, indem Du auf etwas verzichtest, was nicht wichtig ist (Alkohol, Netflix). Dann schau genau hin, was Du aus dieser Erfahrung gelernt hast.
  • Frage Dich bei jedem Kauf: Löse ich hiermit ein Problem? Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, mein Bedürfnis auf eine günstigere bzw. bessere Art zu befriedigen?
    Kaufe ich dies hier für mich und meine Zufriedenheit oder weil ich anderen Menschen gefallen will?
  • Schau, was Dich wirklich glücklich macht
    Was erfüllt Dein Herz mit Freude und wann fühlst Du Dich “ganz bei Dir”? Was für Ressourcen brauchst Du dafür?

Kaufst Du manchmal auch Sachen, die Dich eigentlich gar nicht glücklich machen? Hast Du schon mal bewusst auf etwas verzichtet und wie ging es Dir damit? Schreib uns einen Kommentar, damit die Diskussion ins Rollen kommt!

Verfasst von Dr. Anna Terschüren & Martin Eckardt
Veröffentlichung: 31. März, 2017
LETZTE AKTUALISIERUNG: 10. November, 2024
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