Du brauchst kein Haushaltsbuch

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Wenn immer wieder am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig ist, kann einem das ganz schöne Sorgen bereiten. Wo geht das Geld bloß hin? Ich hab doch kaum wilde Ausgaben gehabt diesen Monat, warum reicht es immernoch nicht?

Vielleicht bist Du genervt davon, dass immer keine Kohle übrig ist, um endlich mal für den nächsten Urlaub oder Deine Altersvorsorge zu sparen. Noch schlimmer, vielleicht rutscht Du sogar oft ins Dispo?

Keine Lust zu lesen? Schau Dir unser Video zum Thema an:

Was kannst Du tun? Erstmal googeln, wie man Geld spart. Denn wüsstest Du, was Du “falsch” machst, könntest Du es ja ändern! Ziemlich schnell stößt man bei der Suche nach Spar-Methoden auf den Vorschlag, ein Haushaltsbuch zu führen und Budgets/Töpfe für verschiedene Ausgaben-Kategorien anzulegen.

Damit kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: ein Bewusstsein für die eigenen Ausgaben entwickeln und sich Beschränkungen setzen, um wirklich weniger auszugeben. So kann man das Ziel erreichen, weniger Geld für Quatsch auszugeben und mehr zu sparen.

Das ist großartig! Doch warum hilft es so vielen nicht?

Erst einmal ist der Aufwand relativ hoch und kann ziemlich abschrecken: Man muss wirklich alles aufschreiben, eben genau Buch führen, die Budgets verwalten und co. Initial muss man sich auch überlegen, wie hoch man seine Budgets setzt – also welche Ausgabearten wie groß sein sollten. Wie geht das?

Zum Beispiel wird vorgeschlagen, dass man erstmal den aktuellen Ist-Zustand abbildet oder so gut rät, wie man eben kann. Nach einem Monat bewertest Du dann, wie es lief und passt die Budgets gegebenenfalls an.

Aber irgendwie ist das eine merkwürdige Übung: Woher soll ich wissen, wie viel ich wirklich für etwas ausgeben will bzw. wie viel “richtig” ist? Wie hoch sollte mein Budget zum Beispiel für Restaurantbesuche sein? Woran kann ich mich orientieren?

Da es keine klaren Regeln gibt, ist die Budgetvergabe eine recht willkürliche Geschichte. Denn es fehlt der Anker bzw. ein ableitbarer Idealzustand. In der Praxis läuft es dann meist so: Wenn das gesetzte Budget in einer Kategorie nicht reicht, kann man aus einem anderen Topf etwas “rüberschieben”.

Was lerne ich daraus? Mein Budget war zu niedrig. Was ist die Konsequenz für den nächsten Monat? Ich erhöhe mein Budget in der einen Kategorie auf Kosten einer anderen. Und hab dann einfach wieder den Ist-Zustand abgebildet. Damit hab ich nichts gewonnen.

Ich könnte mich auch zusammenreißen um das Budget einzuhalten. Aber woher weiß ich, dass das sinnvoll war? Vielleicht wäre es viel besser für mich, an einer anderen Stelle zu sparen? War es zum Beispiel gut, auf den Restaurantbesuch mit meinen Freunden zu verzichten, weil ich das Budget “Ausgehen” schon ausgereizt hab?

Wir glauben nicht.

In meinen vielen Jahren als Controllerin und co. haben mich Budgets schon immer super irritiert. Warum vergibt man zum Beispiel für Fortbildungen die Budgets basierend auf Mitarbeitern an die einzelnen Abteilungen? Der Bedarf ist doch überall unterschiedlich!

Gibt es ein Budget, ist der Drang groß, es auszureizen – auch, wenn es möglicherweise gar nicht notwendig ist. Auf der anderen Seite ist man dann sparsam, wenn es nicht reicht, dabei wären weitere Fortbildungen möglicherweise super wichtig.

Am Ende werden dann doch wieder Ausnahmen und Einzelabsprachen getroffen (was sinnvoll ist!) und die Budgets waren nur eine zeit- und somit kostenintensive Rechenübung für alle Beteiligten.

Ich finde: Wenn man diesen ganzen Prozess mal zu Ende denkt, ist das nicht so richtig hilfreich. Denn woher soll ich denn wissen, wie ich Budgets setze, wenn ich keine sinnvollen Regeln habe? Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz.

Trotzdem gibt es einen Weg aus dem “Zu viel Geld ausgeben”:

Zunächst müssen wir zwei Ausgabearten unterscheiden. Auf der einen Seite gibt es Ausgaben, um die Du nicht bzw. kaum drum herum kommst: Strom, Gas, Handy, Internet etc. Hierfür brauchst Du kein Budget, sondern eine Überprüfung, ob Du das Ganze nicht optimieren kannst. 

Das geht zum Beispiel, in dem Du bestehende Verträge überprüfst und gegebenenfalls wechselst. Schau Dir unseren Blogpost zum Thema Sparen ohne Verzicht an; da erläutern wir das genau.

Auch die Altersvorsorge fällt in die erste Kategorie, denn sie ist keine optionale Ausgabe, sondern ein Muss, wenn Du Deinen Lebensstandard halten willst. Daher solltest Du einmal ermitteln, wie viel Du später brauchst und dann dementsprechend Kohle investieren.

Klar, die einen Ausgaben betreffen Dein Leben unmittelbar (sonst hast Du morgen keinen Strom), während Du die Altersvorsorge erst später brauchst. Doch alle Ausgaben dieser Kategorie sind in jedem Falle notwendig!

Auf der anderen Seite gibt es Ausgaben, die entweder optional sind oder deren Höhe von Deinem Lifestyle abhängt: Wie groß soll Deine Wohnung sein und in welcher Lage? Wie oft “brauchst” Du neue Kleidung? Wo soll es im Urlaub hingehen? Wie oft trinkst Du abends Champagner außer Haus?

Das sind Themen, wo Du Dir entweder ein (willkürliches) Budget setzen kannst…

… oder Dir die folgende Frage stellst:

“Löse ich mit dieser Ausgabe ein Problem?”

Du kannst auch fragen: “Brauche ich das wirklich?” oder “Macht mich das (auf Dauer) glücklich?”

Im Grunde musst Du Dir die Fragen auch stellen, wenn Du sinnvolle Budgets setzen willst. Wenn Du es dann schaffst, die Fragen “richtig” zu beantworten, brauchst Du aber auch kein Budget mehr 🙂

Vielleicht fragst Du Dich jetzt, wie Du die Fragen beantworten sollst? Am besten mit der Wahrheit.

Das Kernproblem dabei: Oft steckt hinter unserem Ausgabeverhalten (und eigentlich hinter ganz vielen Verhaltensweisen) nicht die Frage, ob mich das persönlich irgendwie weiterbringt, sondern was die anderen Leute von mir denken.

Sorry, egal, für wie unabhängig Du Dich hältst – das wird auch bei Dir ganz oft der Fall sein, wenn Du mal genau hinschaust. Wer kauft sich denn zum Beispiel schöne Kleidung nur “für sich selbst”?

Würdest Du Dich in Deinen ollen Klamotten schlecht fühlen, wenn Du niemanden treffen würdest? Vermutlich nicht. Wäre ja schade, wenn Dein Wohlbefinden davon abhinge, so ganz alleine mit Dir. Du ziehst Dir sehr wahrscheinlich für die anderen die ordentliche Kleidung an.

Das ist jetzt erstmal nicht schlimm! Wir haben auch keinen Bock, alle zu irritieren, weil wir immer im Schlafanzug in den CoWorking-Space gehen. Und wenn Du Single bist, macht es es definitiv leichter, jemanden kennenzulernen, wenn Du nicht in Lumpen unterwegs bist. Auf für einen neuen Job ist das ganz hilfreich. Klar.

Es geht also nicht darum, komplett auf die Meinung anderer zu sch*****, sondern lediglich darum, Dir Deiner Motivation bewusst zu sein. Und darauf basierend eine Kaufentscheidung zu treffen.

Wenn Du an der Stelle ehrlich zu Dir bist, ist es viel, viel leichter, als wenn Du Dir selbst etwas vormachst! Dann merkst Du zum Beispiel, dass Du deutlich weniger schicke Klamotten brauchst, als Du ursprünglich dachtest.

Überprüfe auch mal ganz ehrlich, ob Du Deinen Urlaubsort, Deine Wohnung oder Dein Handy wirklich nur basierend auf Deinen eigenen Wünschen wählst oder ob nicht die (unterstellte) Meinung anderer eine Rolle spielt bzw. wie Du so rüberkommst in Deiner Fantasie.

Glücklicher wirst Du auf jeden Fall nicht, wenn Du darauf basierend Entscheidungen triffst, so viel ist sicher.

Ok, aber wie ist es bei Genussmitteln? Kneipe, Café und co? Wenn Du die Wahl hast, alleine zu Hause zu sitzen oder mit Deinen Freunden ins Restaurant zu gehen und Du gerne mitgehen möchtest, dann mach das! Es ist nicht hilfreich, darauf aus Spargründen zu verzichten (oder weil Dein Budget aufgebraucht ist). 

Du kannst Dich vor Ort aber zum Beispiel fragen, ob Du unbedingt drölf Bier trinken musst. Auch hier kannst Du überlegen, was Dich glücklicher macht. Oder wenn Du merkst, Du kommst mit der Kohle wirklich nicht hin, frag Deine Freunde, ob sie vorbeikommen und ihr zu Hause günstige Getränke aus dem Supermarkt trinkt.

Genau so mit dem Takeaway-Kaffee: Der macht Spaß! Und bringt Genuss! Kaufst Du ihn hingegen täglich, tappst Du in die “hedonistische Falle” – bedeutet: Ab Tag x ist der Kaffee gar nicht mehr so ein tolles, genussvolles Ereignis wie am Anfang.

Du hast einfach nur eine Angewohnheit, die Dir nicht wirklich etwas bringt. Dann muss etwas Neues her, um wieder neue, genussvolle Reize zu setzen. Also kannst Du Dich fragen: “Macht mich der tägliche fancy Kaffee dauerhaft glücklicher? Brauche ich das wirklich? Oder kann ich nicht im Büro einen trinken und gehe zum Beispiel nur einmal die Woche zu Elbgold/Starbucks/whatever?

Wenn Du Dir die Angewohnheit draufschaffen kannst, vor jeder Ausgabe einmal kurz innezuhalten und Dich zu fragen, was Dein ehrlicher Antrieb dafür ist und ob es Dich glücklicher machen wird, hast Du einen riesen Schritt gemacht!

Darauf basierend kannst Du dann Dein Ausgabeverhalten so anpassen, dass Du bewusst Geld für das ausgibst, was DIR wirklich wichtig ist und dort sparst, wo es Dir nicht wehtut.

Lies zu diesem Thema auch unbedingt noch unsere weiteren Anregungen durch, wie Du rausfinden kannst, welche Ausgaben für Dich Sinn machen.

Das sind nur unsere 2 Cents zum Thema. Falls Du eine Budget-App hast und Dir das viel bringt: Mega! Whatever works! Es kann auch sein, dass Du quasi auf diesem Wege auf die Fragen gestoßen bist und sie für Dich beantwortet hast. Und das ist prima!

Wir wollen Dir aber helfen, falls Du Dich von Budgets und Haushaltsbüchern überfordert fühlst. Anstelle also sowas aufzusetzen, mach es Dir zur Angewohnheit, immer diese Fragen zu stellen! Falls Du das immer wieder vergisst, arbeite mit Remindern in Form von Zetteln im Portmonee oder Bildern im Lockscreen von Deinem Handy.

Hast Du ein Haushaltsbuch und arbeitest mit einem Budget? Oder kommst Du mit Deinem Geld auch ohne derartige Tools gut durch den Monat? Hinterlasse uns einen Kommentar!

Verfasst von Dr. Anna Terschüren
Veröffentlichung: 17. Juni, 2020
LETZTE AKTUALISIERUNG: 11. Dezember, 2023
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