Sind ETFs nur eine Blase?

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ETF Blase

ETFs galten lange Zeit als die Geldanlage. Und die größten Finanzkanäle in Deutschland wie Finanzfluss und Finanztip bestätigen das immer wieder. Aber genau deswegen fragen sich immer mehr Leute: „Was, wenn jetzt alle in ETFs investieren?“ Manche reden sogar von einer ETF-Blase und vergleichen es mit der Immobilienblase und der daraus entstandenen Finanzkrise 2008.

Was eine ETF-Blase nun genau bedeutet und wie wahrscheinlich diese prophezeite Katastrophe ist, schauen wir uns jetzt mal ganz rational und nüchtern betrachtet an.

Keine Lust zu lesen? Schau Dir unser Video zum Thema an:

Nochmal in aller Kürze dazu, was ein ETF ist:

Im Wesentlichen handelt es sich dabei um eine Art von börsengehandelten Fonds, der einen bestimmten Markt abbildet. Das erfolgt über einen Index, der die wichtigsten Unternehmen von einem Markt auflistet. So ein Index wäre zum Beispiel der DAX, der deutsche Aktienindex. Darum sind ETFs auch sogenannte Indexfonds.

Ein Fonds ist wie ein Topf, in den verschiedene Aktien gepackt werden.

In einen ETF auf den DAX landen dann Aktien der im DAX geführten Unternehmen.

Du kaufst also nicht eine Aktie, sondern auf einen Schlag gleich mehrere – hunderte oder gar tausende Aktien.

Warum macht es Sinn, in so viele Aktien zu investieren?

Wir streuen dadurch massiv das Risiko, weil uns dann einzelne Unternehmenspleiten nicht mehr viel ausmachen.

Kaufen wir Aktien eines einzelnen Unternehmens, besteht die Gefahr, dass dieses Pleite geht und wir unser investiertes Geld verlieren. Würden wir zum Beispiel Tesla-Aktien kaufen und Tesla würde insolvent gehen, wäre unsere Kohle für immer futsch. 

Kaufen wir hingegen einen ETF auf den DAX, setzen wir lediglich darauf, dass die deutsche Wirtschaft langfristig ganz im Allgemeinen wächst. Viel besser noch: Kaufen wir einen ETF auf den bekannten MSCI World, setzen wir – vereinfacht gesagt – nur darauf, dass die Weltwirtschaft langfristig wächst.

Wir sprechen hier auch vom passiven Investieren, denn nicht ein Mensch wählt aktiv nach manuellen Analysen die Aktien aus, sondern vereinfacht gesagt wählt ein Computer stumpf die Aktien, die zum Beispiel im MSCI World sind.

Warum das aktive Auswählen von Aktien überraschenderweise viel schlechter funktioniert, als das passive Investieren, erklären wir ausführlich in diesem Beitrag.

Frequenzillusion

Ok, wie kommen die Leute jetzt auf eine ETF-Blase?

Das Problem ist, wenn wir uns einmal mit ETFs beschäftigen, kann es uns so vorkommen, als würden alle nur noch über ETFs reden.

Psychologen sprechen hier von der „Frequenzillusion“ oder dem „Baader-Meinhof-Phänomen“. 

Dabei handelt es sich um eine Gedanken-Verzerrung, bei der eine Person – nachdem sie etwas Neues gelernt oder erlebt hat – dieses als viel häufiger auftretend wahrnimmt, als es tatsächlich ist. 

Viele Frauen erleben das zum Beispiel in der Schwangerschaft. Auf einmal sehen sie nur noch andere Schwangere oder Frauen mit Kinderwagen auf der Straße, wenn sie selbst schwanger sind.

Haben wir uns also einmal mit ETFs beschäftigt, kann es sich für uns durch diese unbewusste Wahrnehmungs-Verzerrung so anfühlen, als würden plötzlich “alle” in ETFs investieren.

Du siehst dann zum Beispiel auf Social Media ganz viel über ETFs und auf einmal fällt Dir auch in Nachrichten-Magazinen auf, dass regelmäßig über ETFs berichtet wird. Auch, wenn diese Medien faktisch gar nicht öfter darüber berichten als zuvor, hast Du das Gefühl, dass es mehr ist, weil Du jetzt einen geschärften Blick dafür hast.

Diese scheinbar übermächtige Beliebtheit von ETFs macht vielen Angst. Sie glauben, eine ETF-Blase könnte entstehen. Und dass sie dann ihr ganzes investiertes Geld verlieren, wenn die Blase platzt.

Wie Blasen entstehen

So eine Blase, die entsteht grundsätzlich, wenn der Preis von bestimmten Vermögenswerten – also zum Beispiel von Aktien einer Branche – deutlich über ihrem tatsächlichen Wert liegt. Man spricht hier von einer Überbewertung.

Bei der bekannten DotCom Blase war es zum Beispiel so, dass die Aktien von Technologieunternehmen, die in das Internetgeschäft einsteigen wollten, total überbewertet waren.

Denn viele Leute haben geglaubt, dass diese Unternehmen, die bisher oftmals gar keine Gewinne erwirtschaftet haben, in Zukunft enorme Gewinne erzielen werden.

Infolgedessen stiegen die Aktienpreise dieser Unternehmen rapide an, weil alle an sie „geglaubt“ haben.

Als dann die Realität einsetzte und viele dieser Unternehmen weiterhin Verluste machten, sind die Aktienkurse eingestürzt und viele Anleger haben einen Großteil ihres Vermögens verloren, weil sie ihre Aktien verkauft haben.

Die Dotcom-Blase war also ein Beispiel dafür, wie eine Überbewertung von Aktien, ausgelöst durch die Spekulationen von ihren Käufern, zum Entstehen und dann zum Platzen einer Blase führen kann.

Blasenrisiko bei ETFs

Wie wir zu Beginn des Beitrages aber bereits erklärt haben, funktionieren ETF so gar nicht! 

ETFs bieten uns Anlegern lediglich die Möglichkeit, uns an einem breiten Markt oder einem bestimmten Marktsegment zu beteiligen.

So können wir, wie beschrieben, ohne großen Aufwand in den DAX oder in die “Weltwirtschaft” als Ganzes investieren. 

ETFs sind nur als Hülle oder als Topf zu verstehen. In diesem Topf landen die tatsächlichen Aktien, das hatten wir ja schon.

Der wahre Wert des ETFs liegt also in den Inhalten, die in diesem Topf sind. Das ist der Grund dafür, dass ETFs selbst gar keine Blase verursachen können

Oder anders formuliert: Nur der Inhalt von ETFs könnte überhaupt eine Blase bilden.

Denn lediglich bestimmte Anlageklassen, wie die eben genannten Technologie-Aktien, nicht aber Fonds selbst, können Blasen erleben. Somit ist es nur der “Kaufrausch” an einem steigenden Aktienmarkt, der eine Blase verursachen würde, nicht die ETF-Struktur.

ETFs selbst in Verbindung mit einer Blase zu bringen, macht demnach wenig Sinn.

Risiko bei hohem Marktanteil von ETFs

Was viele Leute aber meinen und mit dem Begriff Blase verwechseln, ist die Angst davor, dass ETFs nicht mehr funktionieren, wenn auf einmal alle oder “zu viele” Leute in sie investieren.

Oft hören wir sowas wie „ETFs gefährden den Kapitalmarkt, wenn immer mehr passiv investieren.“ Es könnten Preisverzerrungen entstehen, also Vermögenswerte könnten viel zu teuer oder viel zu billig bepreist werden.

Es ist erstmal völlig richtig, dass wir aktive Investoren brauchen, die quasi die Marktpreise beeinflussen, weil sie gute Unternehmensentwicklungen belohnen und schlechte abstrafen.

Würden wirklich alle nur noch passiv in ETFs investieren, würde das nicht mehr funktionieren.

Damit passives Investieren mit ETFs funktioniert, reicht allerdings ein ganz kleiner Teil an aktiven Investoren.

Und wichtig ist dabei, auch zu verstehen, dass nicht jeder, der ETFs kauft, passiv unterwegs ist. Erstmal geht die weitaus größte Zahl von ETFs auf Regionen, Branchen, Trends etc, also aktive Strategien.

Aber selbst, wenn passives Investieren tatsächlich starke Über- oder Unterbewertungen verursachen würde, wären derartige Verzerrungen ein gefundenes Fressen für aktive Investoren.

Sprich, würden zu viele Leute passiv investieren, würde es auch wieder mehr aktive Investoren anziehen, die daraus Profit schlagen wollen.

Das nötige Gleichgewicht zwischen passiven und aktiven Investoren würde sich wieder einstellen. Warum das so ist, erklärt das Grossman-Stiglitz-Paradox.

Wann gibt es zu viele passive Investoren?

Ganz einfach zusammengefasst bedeutet das: Unsere Märkte – und somit auch das passive Investieren – werden sehr wahrscheinlich immer funktionieren, weil es sehr wahrscheinlich immer Leute geben wird, die aktiv investieren.

Jetzt fragst Du Dich vielleicht trotzdem, wann dieser Tipping Point erreicht würde, also dass es zu viele passive Investoren gibt.

Das lässt sich leider so genau nicht sagen, aber Experten gehen davon aus, dass die Anzahl an passiven Investoren 80-90% erreichen müsste. Und wie gesagt, es ist unwahrscheinlich, dass selbst so ein hoher Anteil Probleme verursachen würde, weil ja aktives Investieren dann total attraktiv wäre und der Anteil ratz fatz wieder sinken würde.

Aktuell ist übrigens davon auszugehen, dass die Anzahl von passiv investiertem Kapital weltweit bei unter 5% liegt. Soviel dazu.

Also, unserer Meinung nach wird es aktive Investoren immer ausreichend geben, da müssen wir uns nicht drum sorgen. Dafür brauchst Du nur mal in die Kommentare – egal, von welchem Finanzvideo – auf YouTube zu schauen 😉

Passives Investieren ist und bleibt also eine hervorragende Möglichkeit für uns, unser Geld anzulegen. Es gibt kein Indiz dafür, dass ETFs die Märkte negativ beeinflussen.

Falls Dir dieser Post gefallen hat, interessiert Dich sicher auch unsere Beitrag: “Das große Problem mit ETFs als Geldanlage”.

Verfasst von Dr. Anna Terschüren
Veröffentlichung: 09. Mai, 2023
LETZTE AKTUALISIERUNG: 11. Dezember, 2023
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