Warum wir nicht mehr in Dividenden-ETFs investieren

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Dividenden-ETFs

Stell Dir vor Du hast Dein Vermögen in ETFs und bekommst jeden Monat so viele Dividenden, dass Du

1. nicht mehr arbeiten musst und

2. Dein Vermögen von alleine weiter wächst, weil Du es nicht anrühren musst.

Eddy und ich haben damals gedacht, dass das möglich ist und haben genau diese Strategie verfolgt, als wir mit ETFs gestartet sind. 

Heute wissen wir es besser und wollen in diesem Blogpost mit Dir teilen, warum wir das mittlerweile nicht mehr machen und auch anderen stark davon abraten. Gerade auch, weil es so viele Videos auf YouTube gibt, die uns ein passives Einkommen über Dividenden versprechen, ohne das volle Bild zu zeigen.

Keine Lust zu lesen? Schau Dir unser Video oder hör Dir unsere Podcastfolge zum Thema an:

Was sind Dividenden?

Aber was sind Dividenden eigentlich genau?

Eine Dividende ist wie eine Belohnung, die eine Firma an ihre Aktionäre auszahlt – also an die Menschen, die Aktien dieser Firma besitzen. Diese Belohnung kommt aus dem Gewinn, den die Firma gemacht hat.

Wenn Du also eine Aktie besitzt und das Unternehmen gut arbeitet und Gewinne macht, bekommst Du regelmäßig Geld von der Firma. Mit einer Dividendenstrategie setzen Menschen gezielt auf Aktien von Unternehmen, die zuverlässig solche Belohnungen auszahlen. Das geht mit einzelnen Aktien, aber auch mit ETFs.

Das Ziel ist es also, mit diesen regelmäßigen Zahlungen über die Zeit ein gutes passives Einkommen zu generieren, ohne dass wir Anteile von unseren ETFs verkaufen müssen.

Klingt erstmal super. Worüber aber kaum jemand spricht und was wir damals auch nicht kannten ist der sogenannte Dividenden-Fehlschluss:

Der Dividenden-Fehlschluss

Der Irrtum ist, zu glauben, dass man irgendwann kein Vermögen mehr hat, wenn man zum Beispiel monatlich verkauft, um Geld zu entnehmen, während bei Entnahmen über Dividenden diese Gefahr nicht besteht. Tatsächlich ist es aber egal, ob man Geld durch den Verkauf von Anteilen oder durch Dividenden erhält.

Beide Varianten verringern den Gesamtwert unseres Vermögens gleich stark, da bei Dividenden der Wert der Aktienkurse sinkt. Denn die Dividenden gibt es nicht umsonst, sie spiegeln sich immer in einer niedrigeren Kurssteigerung wider.

Das funktioniert so: An dem Tag, an dem die Dividende ausgezahlt wird, wird der Aktienkurs um den Betrag der Dividende gesenkt. Das geschieht, weil der Wert des Unternehmens um genau diesen Betrag quasi gesunken ist.

Diese Anpassung des Kurses erfolgt automatisch durch den Marktmechanismus. Da der Kapitalmarkt ziemlich effizient ist und alle verfügbaren Informationen berücksichtigt, wird der Kurs um den Betrag der Dividende angepasst, um den neuen, niedrigeren Unternehmenswert widerzuspiegeln.

Also, mal ein Beispiel: Der Wert Deines Aktien-ETFs liegt bei 1000 Euro. Nun werden Dividenden in Höhe von 30 Euro insgesamt ausgeschüttet. Nach der Ausschüttung sinkt der Wert Deines ETFs auf 970 Euro. Du hast also 970 Euro auf Deinem Depot und 30 Euro an Ausschüttungen auf Deinem Verrechnungskonto.

Hätte der ETF die Dividende nicht an Dich ausgezahlt, sondern direkt reinvestiert, hättest Du die 30 Euro in Cash durch einen Anteilsverkauf bekommen können. Auch dann wäre Dein Depotwert bei 970 Euro gelandet, Dein Verrechnungskonto bei 30 Euro.

Deswegen ist es mathematisch gesehen egal, wie die Art der Geldentnahme stattfindet. Der Verlust im Depot, wenn wir etwas verkaufen oder unsere Ausschüttungen nicht wieder anlegen, ist in beiden Fällen gleich.

Inwieweit unser Portfolio reichen wird, um zum Beispiel unseren Ruhestand zu finanzieren, hat also gar nichts damit zu tun, ob wir Teile unserer ETFs verkaufen oder ob wir von den Ausschüttungen leben. Das fühlt sich zwar anders an, ist es aber nicht.

Jetzt könnte man sagen: “Ok, wenn beides auf meinem Konto sowieso gleich ist, dann lass ich mir doch lieber trotzdem die Dividenden ausschütten.” Aber der Fokus auf dividendenstarke ETFs ist leider nicht einfach neutral zu sehen, wie das bislang in unserem Beispiel war, sondern sogar schädlich, und zwar aus zwei Gründen:

Weniger Diversifikation

Erstens investieren wir dadurch in zu wenige Unternehmen. Während beispielsweise der größte globale „normale „Aktienindex fast 9.000 Unternehmen beinhaltet, umfasst der größte Dividendenindex gerade mal 2.000. So erhöhen wir also unter anderem Branchen- und Länderrisiken, wenn wir auf Dividenden-ETFs setzen, weil wir nicht so breit streuen können.

Dem können wir natürlich durch die Hinzunahme “normaler” ETFs entgegenwirken – das haben wir damals auch gemacht – aber dennoch hatten wir das andere Problem nicht auf dem Schirm:

Niedrigeres Gesamtvermögen

Zweitens werden wir nämlich statistisch gesehen insgesamt weniger Geld haben als ein ausschließlich „normal“ Investierender ohne Dividendenstrategie. Das liegt daran, dass in Dividenden-ETFs reife und stabile Unternehmen stecken, die kaum noch wachsen. DIE zahlen nämlich einigermaßen zuverlässig Dividenden aus.

Aber wachstumsstarke Unternehmen fehlen, da sie noch nicht oder nur wenig ausschütten, sondern ihre Gewinne größtenteils erstmal reinvestieren (wenn sie überhaupt schon welche machen). Ihr Kurswachstum ist aber viel, viel stärker als das von den dividendenstarken Aktien.

Schauen wir mal auf ein Beispiel:

Apple hat in den letzten 10 Jahren eine Dividendenrendite von nur 1,14% im Schnitt gehabt. Zählen wir nun aber Dividenden und Kurswachstum zusammen – das nennt sich im Fachjargon Gesamtrendite – lag diese von Apple bei durchschnittlich fast 26% pro Jahr! Das liegt daran, dass Apple eine so enorme Wertsteigerung erfahren hat, aber eben wenig an seine Aktionäre ausgeschüttet hat.

Exxon Mobil hingegen hat deutlich höhere Dividenden gezahlt, nämlich 4,24% im Schnitt, aber eine Gesamtrendite von nur 6,18% durchschnittlich pro Jahr im gleichen Zeitraum.

Das ist ein völlig willkürlich gewähltes Beispiel – ich will damit nur zeigen, dass die Dividenden alleine einfach null Aussagekraft haben.

Und damit kommen wir zum entscheidenden Punkt: Es kommt immer auf die Summe aus beidem an, also Dividenden und Kurswachstum. Das ist das Einzige, was uns als Anleger interessieren sollte. Denn es kann mir ja völlig schnuppe sein, wie viel Prozent meiner Gewinne aus Kurssteigerungen oder Ausschüttungen stammen.

Der Fokus auf Dividenden-ETFs senkt aber unsere Gesamtrendite. Denn damit vernachlässigen wir ja den anderen wichtigen Teil, nämlich die Unternehmen, die noch stark wachsen. Das bedeutet: Mit dem gleichen Geldeinsatz bekommen wir am Ende weniger raus. Und das sagen wir nicht nur als Prognose – das können wir uns auch schwarz auf weiß anschauen, wenn wir uns langfristige historische Daten ansehen.

Das mag zum Teil auch daran liegen, dass die Unternehmen, die Dividenden zahlen, nicht unbedingt alle in bester Verfassung sind. Dividenden werden auch gerne mal aus Rücklagen finanziert, weil es wichtig ist, die Aktionäre sozusagen bei Laune zu halten. Dann knabbert ein Unternehmen an seiner Substanz, um uns Dividenden auszuschütten.

Weitere Nachteile

Es gibt auch die Möglichkeit, in “normale” ETFs zu investieren, die trotzdem Dividenden ausschütten. Das bedeutet, sie bilden einen ganz normalen Standard-Index ab, schütten aber direkt das aus, was an Dividenden anfällt. Doch selbst davon sollte man aus unserer Sicht die Finger lassen:

Wenn unser Ziel ein passives Einkommen ist, ist es absolut entscheidend, möglichst früh möglichst viel anzulegen und die globale Marktrendite mitzunehmen. In dieser Ansparphase ist es natürlich elementar, dass mein Geld investiert ist und nicht auf dem Konto rumliegt.

Das bedeutet demnach auch, dass ich mir den Aufwand sparen sollte, meine Dividenden selbst immer wieder anlegen zu müssen. Mein Fokus sollte vielmehr auf der Erhöhung meiner Sparrate liegen und nicht darauf, andauernd meine Ausschüttungen zu reinvestieren.

Auch steuerlich sind Dividenden nicht so gut für uns, wenn sie direkt an uns ausgezahlt werden. Das liegt daran, dass wir dann nicht von einem Vorteil namens „Steuerstundung“ profitieren können. Steuerstundung bedeutet, dass wir die Steuern auf die Gewinne erst bezahlen müssen, wenn wir den ETF verkaufen. Dadurch können auch die Gewinne über die Jahre ohne Steuerabzüge weiter wachsen.

Es ist deshalb besser, wenn die Dividenden im ETF bleiben. Das nennt man „thesaurierend“, weil der Fonds die Dividenden sofort wieder anlegt.

Es gibt eine kleine Ausnahme von diesem Steuernachteil: Du kannst bis zu 1.000 Euro im Jahr an Dividenden verdienen, ohne dafür Steuern zahlen zu müssen. Das heißt, wenn du weniger als 1.000 Euro an Dividenden bekommst, kannst Du das ganze Geld behalten, ohne etwas davon an den Staat abgeben zu müssen. Wenn Du jedoch mehr als 1.000 Euro bekommst, wird es wieder nachteiliger, weil Du dann Steuern zahlen musst.

Die Einführung der Vorabpauschale macht das Ganze nochmal komplizierter. Nun wird jedes Jahr ein kleiner Betrag der Wertsteigerungen besteuert, auch wenn Du das Geld noch nicht ausgezahlt bekommen hast.

Das reduziert einerseits leicht den Vorteil der Steuerstundung bei thesaurierenden ETFs, aber auch die Attraktivität von direkten Ausschüttungen. Denn wenn die Vorabpauschale schon einen Teil des Steuerfreibetrags aufgebraucht hat, führen weitere Dividenden dazu, dass Du früher Steuern zahlen musst.

Wir halten fest: Es ist kompliziert und kaum mit vertretbarem Aufwand steuerlich zu optimieren.

Unrealistisches Ziel

Ja, ehrlicherweise ist es sowieso für die meisten von uns eher ein Wunschdenken, später ausschließlich von Dividenden zu leben: Wir brauchen ein viel höheres Gesamtvermögen, als wenn wir auch bereit sind, Anteile zu verkaufen. Denn Dividenden können ja nur einen kleinen Teil des Gesamtwerts unserer Anlagen ausmachen.

Wenn wir aber auch Anteile verkaufen, können wir mehr Geld aus unserem gesamten Vermögen nehmen. Dadurch reicht ein verhältnismäßig deutlich kleineres Vermögen aus, um den gleichen Lebensstandard zu finanzieren.

Ich verstehe auch, dass das psychologisch ein netter Effekt ist, wenn man Dividenden bekommt. Das wirkt einfach viel greifbarer, als nur auf Zahlen im Depot zu schauen. Nach dem Motto: „Meine jährlichen Dividenden zahlen meine Nebenkosten“ oder sowas. Dennoch ist es einfach nicht vorteilhaft, darauf zu setzen, wie wir gesehen haben.

Fazit

Als wir das alles gecheckt hatten, haben wir in der Konsequenz unsere Portfolios auf thesaurierende, „neutrale“ ETFs umgestellt. So nehmen wir die maximale Gesamtrendite mit und alle Ausschüttungen fließen wieder zurück in unsere ETFs, was unser Gesamtvermögen schneller wachsen lässt und auch noch Steuern spart.

Und ob das passive Einkommen dann später aus Dividenden oder Verkäufen kommt, ist uns völlig egal.

Wenn Du so investieren willst, dass Du auch die maximale Gesamtrendite mitnimmst, ohne auf irgendwas spekulieren zu müssen, dann schau Dir unser kostenloses Webinar an. Du musst nur die Basics verstehen, um Dir ein Portfolio bauen zu können, womit Du ein für allemal das Thema Vermögensaufbau bzw. Altersvorsorge abhaken kannst.

Verfasst von Dr. Anna Terschüren
Veröffentlichung: 07. Januar, 2025
LETZTE AKTUALISIERUNG: 07. Januar, 2025
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