Mieten oder kaufen? Ob wir wollen oder nicht – wir alle müssen irgendwann in unserem Leben diese Frage beantworten.
Dabei klingt kaufen erstmal sehr attraktiv.
Also man hat dann etwas Eigenes, eine Sicherheit und muss keine Miete mehr zahlen. Und nicht zuletzt sehen viele in einem Eigenheim auch ihre Altersvorsorge.
Keine Lust zu lesen? Schau Dir unser Video zum Thema an:
Bei all diesen Punkten werden uns die Schattenseiten aber oft verschwiegen. Oder wir bemerken sie erst zu spät, wenn wir die finanzielle Entscheidung unseres Lebens nicht mehr rückgängig machen können.
Und ganz oft kennen Leute die Alternativen zum Eigenheim gar nicht.
In diesem Blogpost wollen wir mit Dir teilen, warum wir uns fürs Mieten entschieden haben und welche Argumente uns dabei besonders wichtig waren.
Uns ging es damals so: Eddy und ich waren seit ein paar Jahren im ersten Job. Und das war auch das erste Mal, wo sich durch unsere Kollegen das Thema Altersvorsorge nach vorne drängte. Die haben nämlich sehr gerne über die Rente gesprochen.
Naja, und der Eigenheimkauf stand bei den meisten ganz hoch im Kurs. Es verging, glaube ich, fast kein Tag, an dem nicht jemand von irgendwelchen Grundstückspreisen, Bauvorhaben oder Ähnlichem gesprochen hat.
Und klar, wenn so viele Leute um einen herum vom Eigenheim sprechen und es scheinbar DIE Sache ist, die man macht, wollten wir uns doch mal näher damit beschäftigen.
Wenn ich damals mit meinen Kollegen gesprochen habe, waren die Argumente dafür immer sehr ähnlich:
“Ich zahl doch lieber einen Kredit ab, als dass ich meinem Vermieter Geld in den Rachen werfe.“
“Oma hat ihr Haus vor 30 Jahren für 150.000€ gekauft, heute ist es das Vierfache wert.”
“Die letzten Jahrzehnte meines Lebens lebe ich dann mietfrei und habe meinen Alterswohnsitz sicher.”
Klar, das klingt alles super und logisch. Wie kamen Eddy und ich dann auf die Idee, dass Mieten für uns die viel bessere Variante ist?
Das liegt zum einen daran, dass diese ganzen eben genannten Vorteile natürlich auch zu einem Preis kommen.
Der wahre Preis einer Immobilie
Für das Eigenheim-Projekt wird jede Menge Geld benötigt. Ich brauche also einen Kredit, wenn ich es nicht gerade aus der Portokasse bezahlen kann.
Ich habe zudem einen extrem hohen Zeiteinsatz, denn ich muss mich auf die Suche nach einer ordentlichen Finanzierung machen, ich muss Kaufobjekte durchstöbern und sie anschließend auch besichtigen.
Habe ich dann irgendwann mal was gefunden, muss ich die Bude auch bekommen, denn auch andere haben ja den Traum vom Eigenheim.
Und dann geht natürlich erstmal der ganze Spaß los mit dem Renovieren und Instandhalten.
Außerdem sind alle Hauskäufer, die wir kennen, recht weit aus der Stadt rausgezogen. Klar, in den begehrten Lagen war alles viel zu teuer, um zu kaufen.
Die meisten haben dann mindestens zwei Autos, da öffentliche Verkehrsmittel logischerweise oft nicht so gut angebunden sind. Also wieder zusätzliche Kosten.
Und dann der irre Zeiteinsatz: Alle Kollegen waren gefühlt entweder mit dem Pendeln zur Arbeit oder mit ihrem Eigenheim beschäftigt. Mal kamen die Handwerker nicht, der Badbau wurde auf einmal doppelt so teuer wie gedacht oder es wurde ewig überlegt, ob man sich jetzt eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach setzt oder nicht.
Klar war, der Traum vom Eigenheim kam mit einem zusätzlichen, massiven Zeit- und Geldeinsatz, der über die Anschaffungskosten deutlich hinausging.
Was ja auch überhaupt nicht schlimm ist, wenn man da total Lust drauf hat. Eddy und ich hatten zu der Zeit, wo es um die Entscheidung “Mieten oder Kaufen” ging, aber ganz andere Themen, die uns beschäftigt haben.
Alternative Lebenskonzepte
Wir waren mit unserer Arbeitssituation nicht so wirklich zufrieden, weshalb wir rechts und links geschaut haben, was es denn für Alternativen gibt.
Zwei Lebenskonzepte haben uns dabei extrem angesprochen: Zum einen die Frugalisten-Bewegung FIRE. Das steht für Financial Independence, Retire Early. Also zu deutsch: Finanzielle Freiheit, frühzeitige Rente.
Das Konzept kann man so zusammenfassen: Spare extrem, leg Dein Geld in breitgestreute Indexfonds an, bis Du so viel angesammelt hast, dass Du von Deinen Investments für immer leben kannst. Und dann kannst Du schon frühzeitig aufhören, zu arbeiten.
Nur ganz am Rande, hier erfährst Du: Warum wir heute keine Frugalisten mehr sind.
Und auf der anderen Seite hat uns das Buch die „4-Stunden-Woche“ von Tim Ferriss* extrem begeistert und uns Hoffnung gegeben, dass wir doch noch unser Glück in der Arbeitswelt finden können.
Wer es nicht kennt: In diesem Buch geht es ums Unternehmertum und wie man sich dadurch ein Leben nach seinen Vorstellungen schaffen kann.
Dieses Buch hat uns dazu inspiriert, Reisen und Arbeiten zu verbinden. Und für echt viele Veränderungen in unserem Leben gesorgt, die heute übrigens unseren Alltag bestimmen.
Unsere Werte
Also fassen wir nochmal kurz zusammen. Eddy und ich waren unzufrieden im Job, wir wollten am liebsten selbstständig sein, und wären lieber den größten Teil des Jahres um die Welt getingelt.
Wie Du vielleicht schon heraushören kannst: Einer der wichtigsten Werte für uns war und ist Freiheit.
Wir haben uns in unserem früheren Leben so eingeengt gefühlt, dass wir es heute total genießen, das zu machen, worauf wir Lust haben, mit wem wir wollen und wo wir wollen.
Und dass da eine eigene Immobilie und die genannten notwendigen Zeit- und Geld-Investments so gar nicht reinpassen, das kannst Du Dir wahrscheinlich vorstellen.
Eine Immobilie ist wie der Name schon sagt immobil. Das ist das Gegenteil von Freiheit.
Also, die folgenden Punkte waren letztendlich für unsere Entscheidung für das Mieten ausschlaggebend. Ich erklär die mal anhand der oft genannten Stammtischweisheiten.
Beliebte Eigenheim-Binsenweisheiten
“Ich zahl doch lieber nen Kredit ab, als dass ich meinem Vermieter Geld in den Rachen werfe.“
Wir haben schon viele Beiträge darüber gemacht, ob sich Mieten oder Kaufen finanziell lohnt.
Wenn Dich das im Detail interessiert, schau Dir gerne unseren Beitrag „Mieten oder Kaufen: 5 Dinge, die Dir keiner erzählt“ an. Darin legen wir unsere gemachten Rechnungen offen.
Die kurze Antwort lautet – und da sind die jahrzehntelangen historischen Daten relativ eindeutig: Finanziell ist Kaufen meist die schlechtere Entscheidung, wenn man sein Geld alternativ in globale ETFs investiert. Der Kauf ist vielmehr eine Lifestyle-Entscheidung, wo jeder die Gründe für sich abwägen muss.
Es kann also sehr wohl der Fall sein, dass es finanziell viel mehr Sinn macht, seinen Vermieter und nicht seine Bank zu bezahlen, wenn wir das Ganze mal durchrechnen.
„Ich zahle an Kredittilgung weniger, als andere an Miete zahlen.“
Ja, das klingt immer nach einer total plausiblen Rechnung. Wenn wir allerdings nur mal eine kurze Recherche machen, werden wir feststellen, dass die simplifizierte Annahme total nach hinten losgeht.
Denn eigentlich müssen wir zumindest die angenommene Miete mit dem Kaufpreis des Eigenheims vergleichen. Das nennt sich Kaufpreis-Miete-Verhältnis und ist die viel bessere Daumenregel. Sonst bleibt das eingebrachte Eigenkapital ja völlig unberücksichtigt.
Und dann natürlich auch darauf achten, dass Du möglichst identische Häuser oder Wohnungen vergleichst: Also gleiche Wohnfläche, gleiches Alter, gleiches Niveau bei der Ausstattung etc.
Und insbesondere: Gleiche Lage.
Denn vergleiche ich eine Wohnung in der Innenstadt mit einer Eigentumswohnung im Speckgürtel, ist das ja ein Vergleich von Äpfeln und Birnen.
Unabhängig davon war für uns aber klar, dass wir nicht über Jahrzehnte einen Kredit abbezahlen wollen, der uns wie ein Klotz am Bein hängt und unser Leben bestimmt.
“Mit einem Eigenheim kann ich alles nach meinen Vorstellungen einrichten und die Kinder können im Garten spielen.”
Wir haben viele Freunde, die im Eigenheim leben und ich bin ganz ehrlich: Wir würden zu keinem Zeitpunkt tauschen wollen.
Wir wollen uns nicht immer um den Garten kümmern, wir wollen keine Reparaturen machen und wir wollen nicht irgendwo außerhalb wohnen.
Wir wollen im Kern der Stadt leben. Das war der ursprüngliche Grund, warum wir nach Hamburg gekommen sind.
Und klar, Mieten hat nicht nur Vorteile. Wir können unseren Wohnraum nicht immer ganz nach unseren Vorstellungen gestalten und müssten bei einigen Sachen um Erlaubnis bitten.
Das ganze Gestalten bringt aber auch viele Schattenseiten mit sich:
Eine geschätzte Kollegin steckte mir damals, dass sie das mit dem Eigenheim nicht mehr machen würde. Sie hat so sehr unter den ganzen Baumaßnahmen und dem Stress gelitten, dass sie zum Teil echt am Ende war und sich die sorglosen Zeiten als Mieterin zurückgewünscht hat.
Und der Kommentatorin unter einem unserer Videos geht es auch so:
Der Traum geht also nicht immer auf. Aber es berichten ja die wenigsten darüber, dass sie die Mieten oder Kaufen-Entscheidung heute vielleicht anders treffen würden.
”Mit einem Eigenheim bin ich sicher aufgestellt, dann habe ich immer ein Dach über dem Kopf.”
Unser ganzes Geld in einer einzigen Immobilie zu binden, wo nur eine blöde Sache passieren muss und dann ein Großteil der Kohle den Bach runtergeht, fühlt sich für mich ehrlicherweise nicht sonderlich sicher an.
Denn eine Immobilie hat ein sogenanntes Klumpenrisiko, das aus unserer Sicht nicht zu unterschätzen ist.
Das betrifft nicht nur äußere Umstände, also Veränderungen in der Umgebung, die den Traum zum Alptraum werden lassen: Trennt man sich als Paar zum Beispiel, kann das auch sehr unschöne Folgen während der Kredittilgungphase haben.
So können auf einmal riesige Kosten auf den einen zukommen, der den anderen ausbezahlen muss oder schlimmstenfalls muss die Immobilie zu einem schlechten Marktpreis schnell wieder verkauft werden.
“Oma hat ihr Haus vor 30 Jahren für 150.000€ gekauft, heute ist es das Vierfache wert.“
Ja, das mag sein und da freue ich mich auch für Oma, aber wer sagt denn, dass das der Regelfall ist?
Was glaubst Du denn, wer seine Geschichte lieber erzählt? Die Leute, bei denen es mit ihrem Eigenheim gut lief und die vielleicht eine große Wertsteigerung bei ihrer Immobilie hatten oder die, bei denen das Gegenteil der Fall war?
Genau, von den Misserfolgen wirst Du weniger hören. Das nennt sich auch Survivorship Bias.
Generell gehen viele von starken Wertsteigerungen bei Immobilien aus. Klar – jeder Verkäufer wird Dir erzählen, warum genau seine Immobilie in den nächsten Jahren rasant an Wert zulegen wird.
Statistisch gesehen gibt es solche grandiosen Steigerungen aber gar nicht langfristig!
Ganz im Gegenteil: Zwischen 1971 und 2015 lagen die Wertsteigerungen in Deutschland im Durchschnitt inflationsbereinigt bei -0,2%.
Auf was allerdings alle nur gucken, sind die Wertsteigerungen der letzten Jahre. Zwischen 2016 und 2020 gab es nämlich exorbitante reale Steigerungen von über 7% pro Jahr.
Jedoch ist es aus Investment Sicht nicht schlau, von fünf Jahren Daten darauf zu schließen, dass in Zukunft die Renditen so hoch bleiben. Renditen kehren grundsätzlich zu ihrem langfristigen Durchschnittswert zurück (das nennt sich Regression zum Mittelwert).
Kein festes Glauben an dauerhafte Überrenditen wird hieran etwas ändern. Das merken wir ja gerade auch so langsam hierzulande.
Und auch nochmal zu Oma: Die Vervierfachung über 30 Jahre entspricht umgerechnet einer jährlichen Wertsteigerung von nominal 4,7% – neben der durchschnittlichen Rendite von 7-8% am Aktienmarkt klingt das nicht mehr ganz so grandios.
“Das Eigenheim ist doch eine super Altersvorsorge.”
Wir wollen ja gerne flexibel und frei über unser Leben bestimmen.
Aber im Vergleich zu einem ETF-Depot können wir eine Immobilie nicht einfach entsparen. Also mal eben ein Zimmer zu verkaufen ist nicht drin.
Entweder verkaufe ich die ganze Bude oder gar nicht. Wenn dann die Immobilienpreise nicht ganz so gut stehen, ich aber verkaufen muss, weil mir schlichtweg Cash fehlt, habe ich wieder ein Problem.
Mit ETFs kann ich langsam entsparen und schlechte Zeiten am Aktienmarkt durch eine ordentliche Diversifikation in verschiedene Anlageklassen einfach ausgleichen.
“Die letzten Jahrzehnte meines Lebens lebe ich dann mietfrei und habe meinen Alterswohnsitz sicher.”
Klingt auch gut. Was wir allerdings in unserem Umfeld sehen, ist, dass viele aus ihren nun viel zu groß gewordenen Immobilien raus wollen. Denn die Kinder sind aus dem Haus und die Hälfte der Bude steht leer.
Oder es muss in altersgerechtes Wohnen investiert und alles umgebaut werden. Ist ja klar, wer will denn schon beim Kauf im Alter von 30 oder 40 an altersgerechtes Wohnen denken?
Also entweder sitze ich im wahrsten Sinne auf meinem Vermögen und kann es nicht Stück für Stück entsparen oder ich muss irgendwie schauen, dass ich das Eigenheim wieder loswerde, weil ich zu alt dafür geworden bin.
Und selbst, wenn wir bis zum Ende unseres Lebens darin wohnen, hätten wir finanziell von dem Investment ja rein gar nichts gehabt, außer vielleicht eine Zeit lang mietfrei gewohnt zu haben.
Denn der Großteil des Vermögens steckt ja dann immer noch in der Immobilie, also zieht in dem Fall doch der finanzielle Vorteil überhaupt nicht!?
Lebensqualität aus unserer Sicht
Naja, und das sind die Gründe, warum wir freudige Mieter sind. Wir sagen auch nicht, dass das für immer unsere Entscheidung sein wird.
Aber kein Eigenheim zu kaufen, ermöglicht uns heute das Leben zu leben, das für uns aktuell das Beste ist.
Da wir von überall aus arbeiten können, sind Eddy und ich über die Hälfte des Jahres in der Welt unterwegs und leben dort, wo es uns am besten gefällt – umgeben von tollen, inspirierenden Menschen und wunderschöner Natur.
Wir haben einen großartigen Alltag, stehen jeden Tag ohne Wecker auf und die Zeiten, wo wir nur dem Wochenende oder dem nächsten Urlaub entgegengefiebert haben, sind schon lange vorbei. Das ist für uns maximale Freiheit und Lebensqualität.
Das ist unser alternativer Lebensentwurf ohne ein Eigenheim, den aus unserer Sicht immer noch zu wenige Leute kennen. Und ja klar, es ist nur unser Weg – nicht jeder will reisen oder sich selbstständig machen. Jeder muss für sich entscheiden, wie das Leben aussehen soll.
Pauschal zu sagen, Mieten oder Kaufen sei besser, wäre natürlich falsch, da hier sehr viele, oft emotionale Gründe mit reinspielen.
Wenn Du auch gerade vor der weitreichenden Eigenheim-Frage stehst, lad Dir gerne hier unsere Entscheidungshilfe herunter, mit der Du in drei Schritten entscheiden kannst: Mieten oder Kaufen?